Alte Uhren faszinieren – Zeitmesser-Historiker Ian D. Fowler traf auf viele interessierte Zuhörer

Warum gab es Bodenstanduhren und durch wen und wie und wann kamen diese ins Siegerland? Das waren die Eingangsfragen des Uhenhistorikers Ian D. Fowler (Friesenhagen), der mit wissenschaftlichem Tiefgang „seinem Thema“ nachging.

Zunächst: „Form folgt Funktion“. Technisch funktionierten die frühen Uhren mit Gewichten und einem langen Sekunden-Pendel, und dies musste in einem Schutzgehäuse untergebracht werden. Und so ergibt sich Form und Größe der Bodenstanduhren.

Nach Fowler wurde dieses Prinzip erstmals ab 1656 durch Christian Huygens in England angewendet. Diese Bauweise blieb mit stilistischen Veränderungen in Nordeuropa bis Ende des 19. Jahrhunderts erhalten. Die erste deutsche Bodenstanduhr könnte nach englischem und niederländischen Vorbild durch den Meister Albinger in Münster um 1715 entstanden sein. Bis zum 30-jährigen Krieg, so Fowler, sei Süddeutschland führend im Uhrmacherhandwerk gewesen. Große Stückzahlen seien dann im Bergischen Land (um Solingen) produziert worden.

Der Historiker erinnerte daran, dass Deutschland damals ein Flickenteppich von Kleinstaaten gewesen sei und deshalb sei es auch zu regionalen Differenzierungen gekommen. Hauptabsatzgebiet für diese „bürgerlichen Bodenstanduhren“ sei der Norden und Westen gewesen. In ländlichen Gegenden sei die gewichtsgetriebene Uhr bevorzugt worden, sie waren nicht so reparaturanfällig wie „Federuhren“ – und Uhrenfedern herzustellen sei eine große Kunst. In Deutschland gehörten die Uhrmacher zunftmäßig traditionell zu den „Kleinschmieden“, die gerne mit Eisen arbeiteten.
Fowler charakterisierte die typischen regionalen Ausformungen der Uhren anhand von umfangreichem Bildmaterial und erläuterte, woran sich die Bergischen, Märkischen oder Siegerländer Uhren unterscheiden. Auch Neuwied könne als Uhrenzentrum bezeichnet werden, hier habe beispielsweise der Uhrmacher Klein aus Krämgen (zwischen Altenkirchen und Flammersfeld) gelernt. Bei dem Neuwieder Meister Christian Kintzing habe ebenso habe ebenso der 1731 in Marienborn geborene Hermann Achenbach seine Ausbildung erhalten. Und Achenbachs Vetter Hermann Spies aus Gosenbach habe zwei Söhne gehabt (Johann Georg 1748-1795, Johann Henrich 1751-1815), die dann beide als Uhrmacher in Siegen ihrem Handwerk nachgingen. Damit sei die Brücke der Uhrenmanufakturen ins Siegerland geschlagen worden. Über sie und die Uhrenproduktion von Stahlschmidt im Raum Freudenberg wird Ian D. Fowler an den nächsten Abenden seiner Vortragsreihe sprechen.

Die Zuhörer lobten einen hoch informativen Abend und nutzten die Gelegenheit, mit ihren Fragen Fowler direkt anzusprechen. „Uns ist in der Vorbereitung noch einmal deutlich geworden, wie bemerkenswert die Uhrenausstellung ist“, erläuterte 4FACHWERK-Vorsitzender Dieter Siebel. Und deshalb gelte der Präsentation im Dachgeschoss eine hohe Aufmerksamkeit.
Die quasi „Zwangspause“ im Vortrag bildeten die Glockenschläge der vielen ausgestellten Uhren um 20:00 Uhr, die zu einer markanten „Ton-Sinfonie“ führten.

Am Mittwoch, 27. Mai, 19:30 Uhr, wird Fowler seinen Vortrag in der „Uhren-Etage“ des Mittendrin-Museums fortsetzen.