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Geschichtsarbeit im 4Fachwerk-Museum kennenlernen

Drei Schülerinnen des Evangelisches Gymnasium Siegen-Weidenau (evau) verbringen derzeit einen Teil ihrer Praktikumsphase im Freudenberger 4Fachwerk-Museum.

Lilly Timea Wagener, Kim Leonie Rosenau und Amelie Adolph haben sich innerhalb des Projektkurses der Fächerkombination Geschichte/Religion den Schwerpunkt Baugeschichte ausgesucht. Ziel des evau: „Lernen einmal ganz anders, Entdeckungen machen, Teamarbeit erleben, Raum bieten, eigene Interessen zu verfolgen.“

Begrüßt wurden die drei Praktikantinnen von Dieter Siebel. Der 4Fachwerk-Vorsitzende stellte eine ganze Reihe historischer Informationen zusammen und erläuterte Ziele und Vorgehensweise des ehrenamtlich getragenen Museums im Alten Flecken. „Wir sind ja schon selbst Teil einer Baugeschichte“, so Siebel zum Standort in der Altstadt. 

Am Samstag kamen die Schülerinnen mit dem Arbeitskreis Stadtgeschichte des Museums zusammen. Klaus Siebel-Späth, auch Vize-Vorsitzender des Museums-Vereins, erläuterte die bisherige Forschungsarbeit. Er zeigte auf, wie durch Foto-Analysen die baugeschichtliche Entwicklung des Fleckens nachvollzogen werden kann. Alt-Stadtarchivar Detlef Köppen informierte über die Quellen-Forschung, die heute vielfach per Internet möglich ist: „Die neuen technischen Archivzugänge haben die Suche nach für Freudenberg wichtigen Dokumente deutlich erleichtert.“ Bernd Brandemann gab einen Überblick über die Themen, mit denen sich der Arbeitskreis zukünftig beschäftigen wird.

Und welchen ersten Eindruck hatten die jungen Geschichts-interessierten Oberstufen-Schülerinnen gewonnen? „Es ist superspannend,“ freute sich Lilly Wagener, die selbst auch in Freudenberg zuhause ist.

Von der Toskana zur Trupbacher Heide

Aquarell-Kunstreise mit Eberhard Meiswinkel

Schon als Jugendlicher zeichnete Eberhard Meiswinkel, geboren 1940, aufgewachsen in Flammersbach. Heute lebt der Künstler in Trupbach. An der Technischen Hochschule in Achen studierte er einst Kunst und Gestaltung. Damit legte er den Grundstock, aus seinem frühen Faible den beruflichen Lebensinhalt zu formen. Dies sehr erfolgreich, denn er leitete er von 1975 bis 1995 die Schule für Gestaltung an der Beruflichen Schule für Technik in Siegen.

Meiswinkel selbst wandte sich in seinem eigenen künstlerischen Weg der Aquarell-Malerei zu. „Er zählt in dieser Fertigkeit zu den größten Könnern in der Region,“ begrüßte ihn 4Fachwerk-Vorsitzender Dieter Siebel. In dem Freudenberger Museum ist jetzt eine umfangreiche Werkschau zu sehen.

Birgitt Reinhardt, eine der drei Töchter, die ihn zur Vernissage in den Alten Flecken begleiteten, übernahm die Aufgabe, ihren Vater und seine künstlerische Herangehensweise vorzustellen. „Er hat nicht nur geografisch seine eigene Wahrnehmung der Landschaften im Bild festgehalten,“ erläutert sie. Hermann Manskopf (1913-1985) sei es gewesen, der sein Interesse auf die Aquarell-Malerei gelenkt habe.
Das Lieblingsziel ihrer Eltern sei die Toskana gewesen, ähnlich wie Goethe inspirierten sie Landschaft, Lebensart und Kultur. Das habe den kreativen Blick ihres Vaters geschärft: „Nach der Ferne entdeckte er die Motivvielfalt seiner Heimat.“ Mit der Aquarell-Technik sei es ihm gelungen, Landschaften als Ausschnitte der Realität festzuhalten und dabei eigenen Interpretationen Raum zu geben. Experten sind sich einig, dass Eberhard Meiswinkel dabei Bilder mit unglaublicher Strahlkraft geschaffen habe, die sich mit dem kreativen Ineinanderfließen der Flächen durch einen ganz eigenen Charakter auszeichnen.

„Geraten sie in den Bann von Farbe und Raum,“ warb so auch Kuratorin Dr. Ingrid Leopold. Sie zeigte sich insbesondere über Meiswinkels Buch „Trupbacher Heide“ angetan. Die Geschichte dieser Traumlandschaft habe er treffend geschildert und das Druckwerk farbenprächtig durch seine Aquarelle visualisiert.
Sie hatte Eberhard Meiswinkel, wie er in seinen kurzen Dankesworten bestätigte, ausdrücklich zu der Ausstellung überreden müssen. Lange Zeit widmete er sich mit aller Kraft der Pflege seiner leider verstorben Frau, künstlerisches Wirken war zum Erliegen gekommen. „Jetzt, wo ich die Bilder hier so sehe, bin ich doch sehr froh, dass die Präsentation zustande gekommen ist.“ Ein Empfinden, dass die Besucher ausdrücklich bestätigten: „So konzentriert und vielfältig waren die Bilder selten zu sehen.“

Die Ausstellung „Von der Toskana zur Trupbacher Heide“ ist im 4Fachwerk-Museum bis zum 17. März 2024 zu sehen.

Gestern und heute: Der Kalender für 2024 des 4Fachwerk Museums ist wieder erhältlich.

Auch in diesem Jahr bietet der 4Fachwerk-Museumsverein wieder einen wertvollen Fotokalender an. Zwölf großformatige Aufnahmen zeigen historische Gebäude oder Straßenszenen. Ihnen werden aktuelle Ansichten gegenüber gestellt. Erläuternde Texte geben informieren über geschichtliche Hintergründe. Ein Kalenderblatt zeigt beispielsweise eine seltene Aufnahme, auf dem vor dem damaligen Bethesda-Krankenhaus in der Burgstraße noch der im Volksmund so bezeichnete „Stutten-Weiher“ zu erkennen ist.

Heinrich Stutte hatte 1855 am Neuen Weg „in der Sötte“ eine Leimsiederei gegründet. Die Fabrikgebäude wurden später abgerissen, hier entstand 1957 nachfolgend das Gebäude der Amtssparkasse Freudenberg. Ein weiterer Teil bildet heute den Mórer Platz mit dem Zentralen Busbahnhof.

„Der Kalender zeigt, wie sich das Stadtbild verändert hat und kann Erinnerungen an frühere Begebenheiten wecken,“ so die 4Fachwerker vom Arbeitskreises Stadtgeschichte des Vereins. Die interessante Begleitung durch das Jahr eigne sich gut als Geschenk an liebe Mitmenschen – oder auch für sich selbst im eigenen zuhause. Von jedem Kalender kommt ein kleiner Betrag dem Erhalt und der Weiterentwicklung des ehrenamtlich geführten Museums zugute. 

Der Bildkalender ist ab sofort für 18 Euro erhältlich:

  • 4Fachwerk-Mittendrin-Museum, Mittelstraße 4,
  • Atelier Siebel, Kuhlenbergstraße 10,
  • Tourist-Information und Stadtbücherei, Kölner Straße 1,
  • Buchhandlung Filousophie, Bahnhofstraße 20
  • Holzwirtschaft, Marktstraße 15,
  • Liebenswertes, Oranienstraße 20
  • Sowohnich, Kölnerstraße 6,
  • Galerie Neu & Alt, Olper Straße 1

EIN LEBEN FÜR DIE KUNST

4Fachwerk-Museum präsentiert Siegener Künstlerin Carmen Klein (1890-1978)

Von der Künstlerin Carmen Klein zeigt sich Dr. Ingrid Leopold tief beeindruckt. Die letzten Monate hat sie sich mit ihr, ihrer Lebens- und Familiengeschichte sowie ihrem künstlerischen Nachlass intensiv beschäftigt. Denn es galt die Ausstellung „Ein Leben für die Kunst“ im 4Fachwerk-Museum vorzubereiten.



Die letzte Ausstellung im Jahr ist dort immer einer maßgebenden Siegerländer Künstler-Persönlichkeit gewidmet. In diesem Jahr fiel die Wahl auf Carmen Klein, 1890 in Siegen geboren. Eine gemeinsame Ausstellung mit dem Künstler-Ehepaar Hans und Hanna Achenbach im Jahre 1928 legte später den Grundstein für die „Arbeitsgemeinschaft Siegerländer Künstler“ und lässt bis heute ihre Bedeutung deutlich werden.

Dr. Ingrid Leopold ist es als Kuratorin jetzt gelungen, viele Werke aus ganz unterschiedlichen Quellen zu einer Gesamtschau zusammen zu stellen, die die große Schaffenskraft und Kreativität von Carmen Klein in ganz konzentrierter Form präsentiert. „Ich bin beeindruckt von der Vielfalt ihrer grafischen Kunst,“ bekannte 4Fachwerk-Vorsitzender Dieter Siebel bei der Vernissage.

Der Weg von Carmen Klein ist durchaus von einem Siegerländer Emigranten-Schicksal geprägt. Ihr Urgroßvater mütterlicher Seite, der 1802 in Daaden geborene Johann Ermert, wanderte nach Mexiko aus, um als Bergmann die dortigen Silbervorkommen zu studieren. Er heiratete hier eine junge Mexikanerin. Aus dieser ersten Ehe gingen drei Kinder hervor, die zur Ausbildung nach Deutschland zurückkehrten. Eine Tochter, Cäcilie Ermert, lernte in Siegen ihren späteren Mann Heinrich Neff kennen. Deren Tochter Amalie heiratete den Siegener Kommerzienrat Heinrich Klein. In deren Haus am Hohler Weg Nr. 1 erblickte am 6. Mai 1890 Tochter Carmen als jüngstes von sechs Kindern das Licht der Welt.
Die Kinder wuchsen im großbürgerlichen Wohlstand auf. „Wir hatten eine fröhliche und unbeschwerte Kindheit,“ erinnerte sie sich. 

Schon als junge Schülerin entwickelte Carmen Klein Interesse an Kunst und Malerei, gefördert auch durch ihre Cousine, der Malerin Emmy Dresler.
Mit 21 Jahren konnte sie die Kunstgewerbeschule in Köln besuchen. Diese Ausbildung beendete der I. Weltkrieg. Von 1917 bis 1922 setzte sie ihr Studium in Berlin fort. Neben der Aquarellmalerei widmete sie sich Radierungen auf Kupferplatten, Tuschezeichnungen oder fein nuanciertem Steindruck. In dieser Technik sind in den 1930er Jahren die bekannten Siegener Stadtlithografien entstanden.

Nahezu 48 Jahre lebte Carmen Klein in ihrem großzügigen Elternhaus mit ausgemalten Räumen, großem Garten, Grotte und einer reichen Tierwelt. Nach dem Tod des Vaters im Jahr 1936 kam das herrschaftliche Anwesen in den Besitz von Dr. Oskar Waldrich. Ihr Elternhaus, später als „Villa Waldrich“ bekannt, bildete Carmen Klein künstlerisch ab. Auch diese Blatt ist in der Freudenberger Ausstellung zu sehen. 

Nach der Bombardierung Siegens verlor Carmen Klein alles Hab und Gut und fand in Bühl bei Freudenberg im Bauernhaus der Familie Stockhammer Unterschlupf. Ihre Erlebnisse hier vertraute sie ihrem Tagebuch an, aus dem sie später Inhalte im Siegerländer Heimatkalender veröffentlichte. In ihrer Bühler Zeit sind zahlreiche Blumenbilder und Landschaftsaquarelle entstanden, die nun auch in der Freudenberger Ausstellung gezeigt werden.

Zehn Jahre führte Carmen Klein ein „Wanderleben“, bis sie 1955 bei der Familie Kreutter auf dem Siegener Rosterberg einen Dauerwohnsitz fand und wieder in Ruhe arbeiten konnte. Im DRK-Altenheim in Neunkirchen Salchendorf verbrachte sie ihren Lebensabend. Am 10. Mai 1978 ist sie dort gestorben.

Carmen Klein ist Vielen als die große Blumenmalerin in Erinnerung geblieben. Wie umfangreich tatsächlich ihr künstlerisches Wirken war, lässt die 4fachwerk-Ausstellung deutlich werden. Sie ist dort bis zum 21. Januar 1924 zu sehen.

„Mit der Carmen-Klein-Ausstellung können wir zugleich einen herzlichen Gruß der Verbundenheit mit Siegen zum Ausdruck bringen, die 2024 ihr 800-jähriges Stadtjubiläum feiern wird,“ betont Dieter Siebel.

Die zahlreichen Eröffnungsgäste zeigten sich von der Reichhaltigkeit und Abwechselung der Kunstblätter sehr beeindruckt. Für den musikalischen Rahmen der Vernissage sorgte der junge Musikstudent Julian Pudelt aus Siegen mit seiner Gitarre. Viel Beifall bekamen seine Interpretationen von „Bunte Pyramiden“ (Querbeat & Bukahara) und „Golden Circle“ (Honig).

Das neue Zuhause der Uhrenabteilung feierlich eingeweiht

Dr. Ingrid Leopold, 4Fachwerk-Vize-Vorsitzende, zitierte am Schluss der kleinen Feierstunde zur Eröffnung der neuen Uhrenetage den Dichter Carl Loewe (1796-1869). Der hatte seine Wertschätzung für die Uhr formvollendet in Gedichtform gebracht: „Ich wollte, sie wäre rascher gegangen an manchem Tag; Ich wollte, sie hätte manchmal verzögert den raschen Schlag. In meinen Leiden und Freuden, in Sturm und in der Ruh, was immer geschah im Leben, sie pochte den Takt dazu.“

Seit einer Vielzahl von Wochen hatten Handwerker den Takt im Dachgeschoss des Museums vorgegeben. Jetzt konnte die neu gestaltete Uhrenpräsentation der Öffentlichkeit vorgestellt werden. „Handwerk trifft Kunst“, formulierte Bürgermeisterin Nicole Reschke in ihrem Grußwort. Sie erinnerte daran, dass „Zeit“ in der „Alice im Wunderland-Welt“ eine große Rolle spiele. Aber die Zeit sei nicht nur ein Dieb, sondern Uhren könnten auch ausdrücklich das Gefühl vermitteln, Zeit zu haben, Ruhe auszustrahlen. Dass habe sie selbst im gemütlichen Zimmer ihrer Großeltern in Plittershagen mit deren Standuhr erlebt. „Johann Peter Stahlschmidt gehört zur Freudenberger Stadtgeschichte,“ urteilt Reschke über den berühmten Uhrmacher mit Plittershagener Wurzel. Sie sei sehr froh, dass dessen Erbe vom 4Fachwerk-Museum bewahrt werde.

Klaus Siebel-Späth, der das Projekt „Uhrenabteilung“ für das Museum betreut, schilderte den Ausgangspunkt der ersten Überlegungen zum Umbau. Im Jahr 2018 habe 4Fachwerk eine weitere Stahlschmidt-Uhr geschenkt bekommen, die inzwischen in Garmisch-Patenkirchen gelandet war, und ursprünglich aus dem Haus des Freudenberger Arztes Jacob Utsch (1824-1901) stammt.

„Wir haben ein Platzproblem“ so die damalige Analyse. Unter den 4Fachwerk-Mitgliedern befand sich der Ausstellungs-Designer Kasimir Zembala, der mit einem Modell die Neugestaltung visualisierte. Daraus wurden konkrete Pläne entwickelt und 2022 gelang es dem Museum aus dem Programm „Neustart Kultur – Pandemiebedingte Investitionen für Kultureinrichtungen zur Erhaltung und Stärkung der Kulturlandschaft“ eine Förderung zu erhalten. Rund 45 Tausend Euro investierte der Verein in die Ausstellungs-Optimierung und erhielt dafür einen Zuschuss von 85 Prozent. „Wir haben Themenräume in der Ausprägung ihrer jeweiligen Zeit gestaltet,“ so Siebel-Späth. Diese Stilrichtungen entsprechend der Entstehungszeit der Standuhren, beginnend im Barock, übergehend zum Biedermeier und endend im Jugendstil. Sowohl Lehmputz wie Tapeten der Zeitepochen wurden für die Nischen genutzt. Eine weitere Neuerung: „Wir haben jetzt alle Informationen zu den Uhren digital aufbereitet. Bilder und Texte können über einen Touch-Screen-Bildschirm in der Ausstellung aufgerufen werden.“ Außerdem wurde die Beleuchtungstechnik vollkommenen erneuert.

Einen interessanten Einstieg in die Forschung der Bodenstanduhren bot Ian Fowler, der dem Museum als Uhrenhistoriker seit vielen Jahren verbunden ist. „Er kennt jede Uhr wie ein Großvater seine Enkel“, hatte 4Fachwerk-Vorsitzender Dieter Siebel ihn launig in seiner Begrüßung vorgestellt.

Fowler stellt klar: „Die Sammlung hier soll nicht nur Stahlschmidt in den Mittelpunkt stellen, sondern die regionalen Uhrmacher des Siegerlandes insgesamt würdigen.“ Nach der Erfindung der Bodenstanduhr Ende des 17. Jahrhunderts in Holland und England hat der Einzug in diese Region Mitte des 18. Jahrhunderts gehalten. Im Bergischen Land, im Raum Neuwied, dem Sauer- und Siegerland seien solche als Uhren für das Bürgertum dann entstanden. Die Arbeiten der Meister Achenbach in Neuwied, Spies in Siegen oder Stahlschmidt in Freudenberg seien von ihrem Werk, dem Gehäuse und dem Zifferblatt sehr ähnlich und hätten ihren Ursprung in Neuwied.

Das Besondere zu Stahlschmidt sei, dass man viel über ihn wisse, maßgeblich sei ein Artikel von Otto Bäumer, den dieser 1927 verfasst habe. Zu den weiteren bedeutenden Uhrmachern in der Umgebung zählt Fowler Johann Heinrich Graef und Friedrich Müller in Freudenberg, Johann Justus Brücher und Richard Becher in Hilchenbach, sowie Hensel in Niederfischbach und Gebrüder Schmidt in Siegen.

Einen interessanten Aspekt bot Fowler mit seinem Blick auf die fast vergessene Uhrenfabrik „Actien-Gesellschaft für Uhrenfabrikation in Deuz, vorm. Gebr. Jung & Co.“. Die Firma stellte maschinell Uhrenköpfe und Regulatoren her und beschäftigte in ihren besten Zeiten in Siegen 15 und in Deuz 95 Mitarbeiter. Bei der Industrieausstellung in Kassel 1870 soll dort für den preußischen König ein solcher „Regulator“ gekauft worden sein. Die Qualität muss überzeugt haben, denn dann durfte das Unternehmen die Postämter der preußischen Verwaltung mit „Amtsuhren“ beliefern. Leider war der Erfolg nicht von Dauer, die AG musste 1882 Konkurs anmelden. Zwei der erhaltenen Uhren aus der Deuzer Uhrenfabrik sind ebenso im 4Fachwerk-Museum zu sehen.

Damit endete maßgeblich die Uhrenherstellung im Siegerland. In Freudenberg übernahm 1827 Sohn Tillmann von seinem Vater Johann Peter Stahlschmidt die kleine Manufaktur. Dessen Enkel, Ewald Krämer (1863-1938), den die Flecker mit dem Hausnamen „Ticktack“ belegten, wirkte in seiner Werkstatt in der Oranienstraße 5. Ein weiterer Uhrmacher, Georg Friedrich Klein, so weiß Ian Fowler zu berichten, kam 1888 aus Worms zu Wilhelm Müller, heiratete später die Witwe Haas, erstellte das Gebäude des Hotel Moritz in der Oranienstraße, in dem er seitlich sein Uhrmachergeschäft einrichtete. Er pflegte die zahlreichen Standuhren in der Region und führte darüber penibel Buch.

„Wir wollen unsere Ausstellung kontinuierlich verbessern,“ erklärte Fowler am Schluss seines Vortrages. Auf seiner Wunschliste stehen eine Spies-Bodenstanduhr, also ein Werk des Lehrmeisters von J. P. Stahlschmidt, und auch eine Uhr von Brücher aus Hilchenbach sowie authentisches Werkzeug aus der Zeit von Stahlschmidt. Klar ist für ihn: „Wir konzentrieren uns nur auf die Siegerländer Uhren.“

Anschließend hatten die vielen Gäste Gelegenheit, das neu gestaltete Dachgeschoss in Augenschein zu nehmen. Neben der Bürgermeisterin waren auch die Fraktionsvorsitzenden Christoph Reifenberger und Eric Stinner gekommen. Zu den Ehrengästen zählten ebenso Pfarrer Thomas Ijewski und der Hilchenbacher Historiker Gerd Schäfer, der das 1982 eröffnete Stadtmuseum einst konzipiert und auch eine kurze Zeit lang geleitet hatte. Der Dank an diesem Abend galt zudem einerseits den anwesenden Handwerkern Schreiner Quandel und Maler Krafft und andererseits Helmut Langenbach, der regelmäßig die Uhren aufzieht und sie somit für die Besucher am Laufen hält.

Mit Freude wurde auch der Besuch von Christine Schütz registriert, die einst mit ihrem Vater die besondere Stahlschmidt-Janus Uhr auf Norderney entdeckt hatte und damit den Anstoß dazu gab, dass das Meisterwerk anschließend von der Freudenberger Sparkasse erworben werden konnte.

Die Spuren des Hileweges erwandert

Rahmenprogramm zur Ausstellung „Alte Wege und Straßen“ fand großen Zuspruch

Den historischen Hileweg nicht nur als Teil alter Landkarten oder Texten wahrzunehmen, sondern tatsächlich ihn auch zu Fuß erfahren zu erleben, war Anliegen des 4Fachwerk-Museums. So gehörten insgesamt vier geführte Wanderungen zum Rahmenprogramm der aktuellen Ausstellung „Historische Wege und Straßen“ anlässlich der Ersterwähnung jenes Hileweges vor 975 Jahren.

Klaus Siebel-Späth konnte jetzt in sowohl Plittershagen wie in Mausbach zahlreiche interessierte Gäste zu den letzten Exkursionen begrüßen.
In Plittershagen führte Heimatvereins-Vorsitzender Burkhard Leidig die Gruppe an, die zunächst die Natur-Idylle im Hasenborntal mit dem Johannes-Weiher genießen konnten. Das Interesse insgesamt galt dem Grenzgebiet zu Sayn-Altenkirchen. Der Hileweg bildet selbst die Grenze, wie sie in der 1048-Urkunde zum Haiger Kirchsprengel bezeichnet ist. In der Landschaft ist auch dort ein entsprechender Grenzstein mit den Markierungen für Sayn-Altenkirchen und Nassau-Siegen erhalten geblieben. In dessen Nähe muss sich der „Dreiherrige Stein“ auf halben Weg zwischen Engelshäuschen und Oberstöcken befunden haben, an dem einst die der Bistümer Köln (Sauerland), Mainz (Siegerland) und Trier (Haiger Dillenburg) zusammenstießen.
„Ich habe lange und immer wieder gesucht,“ berichtete Burkhard Leidig, aber leider ist das steinerne Dokument bislang nicht gefunden worden. Gleichwohl ist seine Existenz in zahlreichen schriftlichen Dokumenten verbürgt. Jedenfalls scheute die Wandergruppe, zu der auch Bürgermeisterin Nicole Reschke gehörte, keine Mühen, in das Waldes-Dickicht zum wahrscheinlichen Standort vorzustoßen, um dann entlang des kleinen Grenzwalles den Weg durch das dichte Gehölz fortzusetzen.  

Ein weiterer Grenzstreit befindet sich gegenüber der neuen Stallungen des Hofgutes Stöcken.

Beide Exkursionen haben die sogenannte Weingrube, den markanten Bergsattel zwischen Oberstöcken und Obersohlbach, in den Blick genommen. „Hier sind sicher keine Reben angebaut worden,“ erläutert Heinz Fischbach. Der Namen dürfte sich aus den Wortstämmen „Weide“ und „Mulde“ entwickelt haben. Über ihn führte geradewegs der Hileweg. Ein alter Weißdorn-Baum, der etwa in der Mitte der Weingrube stand und an den überlieferten „Gerichtshagdorn“ erinnerte, existiert leider nicht mehr.
Schreckliche Bedeutung gewann die Weingrube während der Hexenprozesse des Wildenburger Landes in den 1650er Jahren, als gefolterte Beschuldigte ihn immer wieder als „Hexentanzplatz“ benannten.
Burkhard Leidig ging hier ausführlich auf den Hof „Wammesflöte“ ein. Aus der einstigen Waldarbeiterhütte hatte sich dieser Wohnhof am Hileweg entwickelt, von dem aus Spanndiensten möglich gewesen sein könnten, wahrscheinlich auch die Funktion eines Versorgungsstützpunktes. Später war das Haus der Ursprung der Leidig-Familien in dieser Gegend.

Herbert Dietershagen, Ortsheimatpfleger von Mausbach, erläuterte die Bedeutung der aus dem Niederfischbacher Raum kommenden Eisenstraße, die den Hileweg oberhalb des Hofes Stöcken kreuzte.

In Mausbach führt heute der „Grenzweg“ auf der alten Hileweg-Trasse, in dessen Fortsetzung auch die ehemalige Dreschscheune des Dorfes stand. „Das war der Mausbacher Schlag, ein Durchgang Richtung Gerndorf und Friesenhagen durch die Siegener Landhecke,“ wusste Heinz Fischbach zu berichten.
Nur wenige Schritte davon entfernt weist ein alter Hohlweg auf eine frühere Spur des Hileweges hin. Herbert Dietershagen befreite jetzt zur Besichtigung ein Teilstück von Unrat: „Ich wollte den eingefahrenen Weg zeigen und wissen, ob die Informationen zur Spurbreite von 1,80 Meter richtig sind.“ Mit seinem Zollstock konnte er demonstrieren, dass die Maßgabe stimmt und ebenso die Tiefe der eingefahrenen Spurrillen messen.

Am kommenden Donnerstag (12. 10. 2023) werden sich Pfarrer Thomas Ijewski und Dieter Siebel in einer weiteren Gesprächsrunde mit dem spannenden Lebens- und Reisebricht von Christian Stahlschmidt, der „Pilgerreise“, beschäftigen. Die Veranstaltung beginnt im 4Fachwerk-Museum um 19:30 Uhr.