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Ausstellung „Historische Wege und Straßen“ eröffnet

Ein nachgebauter „Handwieser“, wie solche Hinweisschilder in früher Zeit hießen, gibt die Entfernung vom „Flecken“ nach Köln mit 12 Siegerländer Meilen, nach Siegen mit 1,5 Meilen an. Manfred Flender hat ihn mit handwerklichem Geschick entstehen lassen.

Mit ihm wird bereits vor dem Freudenberger 4Fachwerk Museum deutlich, dass es bei der aktuellen Ausstellung um Verkehrsgeschichte geht. Auch die Silhouette eines alten Karrens, in der Region als Romp bezeichnet, kündet von der Präsentation „Historische Wege und Straßen“.

Anlass für die Arbeitsgruppe Stadtgeschichte des Museums, sich mit dem Thema zu beschäftigen, bot die Erwähnung des Hileweges vor 975 Jahren. In der Urkunde vom 28. April 1048 präzisiert Erzbischof Eberhard von Trier die Grenzen des Kirchsprengels Haiger und nutzt den Hileweg dabei als Linienbeschreibung. Jene überregionale Handels- und Heerverbindung zog sich im Süden von der Wetterau durch das Siegerländer Eisenrevier Richtung Essen an der Ruhr zum Westfälischen Hellweg. Im Freudenberger Raum verlief er von Plittershagen über Mausbach nach Hohenhain, dann gen Hühnerkamp und Römershagen.

In dieser Region stießen die drei Erzdiözesen Köln (Sauerland), Mainz (Siegerland) und Trier (Haiger/Dillenburg) aneinander, dokumentiert durch einen „Drei-Herren-Stein“. Später sind es die politischen Territorien Sayn-Altenkirchen, Chur-Köln und Nassau-Siegen, die hier einen Anknüpfungspunkt fanden. In unserer Zeit sind es die Kreise Altenkirchen, Olpe und Siegen-Wittgenstein.

Bernd Brandemann stellte am Eröffnungsabend der Ausstellung die Forschungsergebnisse des Geschichts-Arbeitskreises vor. Besucher haben nun die Möglichkeit an einem großen Bildschirm digital aufbereitet nachvollziehen zu können, welche Routen zu welchem Zeitpunkt durch Freudenberg genutzt wurden. „Wir haben neben dem Hileweg die Brüderstraße und die Koblenz-Mindener Chaussee in den Blick genommen.“

Hierfür wurde eigens eine Übersichts-Karte generiert, in die die einzelnen Straßenrouten sortiert nach Zeitverläufen „einfließen“, programmiert von Manfred Flender.

Hilweg und Brüderweg kreuzten sich in Hohenhain und machten den Ort zu einem wichtigen Verkehrsknotenpunkt. „Hohenhain war das Aachen des Mittelalters“, formulierte einst Denkmalpfleger Prof. Berthold Stötzel, der ebenso die Hohlwege als „Kulturnarben des Siegerlandes“ bezeichnete.

Das erste Wirtshaus entstand 1696 in Hohenhain, zwei weitere folgten 1770 und 1795 und ließen dem kleinen Ort große Bedeutung für die Fuhrleute zukommen. Einer alten Chronik zufolge hätten dort an die Hundert von ihnen in den drei Herbergen logiert. In dem Vortrag ging Brandemann auch auf die Lebens- und Reisebedingungen der Fuhrleute ein, zunächst „Kärrner“ genannt. Stötzel sieht in ihnen „Helden der Wirtschaftsgeschichte“, da sie erst den Handel der industriellen Produktion ermöglichten. Sie waren „Vertrauensleute“, da ihnen sowohl einerseits die Waren wie andererseits das dafür zu zahlende Entgelt anvertraut wurde.

Ein kleines handliches Buch zeigt in der Ausstellung, womit sich die Reisenden in früher Zeit informierten. Dem Museum ist es gelungen, eines der seltenen Exemplare des 1735 erschienenen Werkes „Jesus der getreueste Gefährte und Helfer zu Wasser und Lande“ zu erwerben, das theologisch Erbauliches enthält, aber auch Informationen zu Reisewegen, Entfernungen, Münz- und Gewichtsvergleichen wie die „nöthigsten Wörter und Redensarten in spanischer, französischer, italienischer, schwedischer, polnischer, ungarischer und türkischer Sprache“. Es enthält ebenfalls einen immerwährenden Kalender sowie Kartenmaterial.

Die in der Region so genannte Brüderstraße war Teil der „Brabanter Straße“, die Flandern im Westen mit Leipzig im Osten verband. Sie führte dabei geradlinig von Köln nach Siegen, wurde auch als Pilgerweg genutzt und verlief eben auch zuletzt durch den Ort Freudenberg: „Sie nahm den Weg über die Marktstraße, in der sich ebenso die Poststation und das Zollhaus befand.“

An der Brüderstraße lässt sich auch darstellen, wie politische Maßgaben ihren Verlauf in Freudenberg mehrfach veränderten. Zunächst führte sie von Wildenburg-Bahnhof über den Knippen zum Löffelberg, weiter über den Ischeroth zur Wilhelmshöhe. Danach änderte sich der Weg vom Knippen aus durch die Gambach, den Ohrndorfer Schlag in Richtung Anstoß wieder zur Wilhelmshöhe. Zuletzt, nach Entstehen der Burg Freudenberg verlief die Brüderstraße gemäß dem herrschaftlichen „Straßenzwang“ durch den Ort Freudenberg.

Als alte Heer- und Handelsstraße war die Brüderstraße ebenso Teil der „Via Regia“, der längsten und ältesten Landverbindung zwischen Ost- und Westeuropa. Der Europarat zeichnete die Strecke 2006 als Sinnbild für die Einigung Europas als eine seiner „Kulturrouten“ aus. Auch dazu werden im Museum Informationen angeboten. Insgesamt ist eine umfangreiche Begleitbroschüre zur Ausstellung kostenlos erhältlich.

Im 17. Jahrhundert zählte nach dem „Nürnberger Fahrplan“ übrigens Siegen zu den 24 bedeutendsten Handelsstädten, die Reise zwischen beiden Städten dauerte allerdings 52 Tage.

Zum Straßenbau gehört die vorherige Planung, die notwendiger Weise auf einer Kartierung aufsetzt. Dabei stießen die jüngsten Freudenberger Forschungen auf eine Überraschung. Den 1816 vorgelegten „Qkularplan über den Amtsbezirk Freudenberg“ zeichnete Johann Weygand Siebel (1780-1844), der im Nebengebäude des heutigen Museums im Alten Flecken lebte. Als 1807 dessen Sohn Johannes geboren wurde, lautete im Kirchenbuch seine Berufsbezeichnung als Vater noch „Schuhmacher“, 1830 wird er dort dann als „Geometer“ geführt. „Als ‚Landmesser‘ dürfte er eine größere Bedeutung besessen, da später sein Sohn Johannes (1807-1867) stets mit dem Namenzusatz ‚Geometers Sohn‘ geführt wird.“

Dass Straßen der Gewerbeförderung dienten, wird an der „Koblenz-Mindener Chaussee“ deutlich. Die Straße, die vom Löffelberg über Büschergrund nach Freudenberg und weiter nach Kirchen führte, entstand in den Jahren 1830/31. Sie sollte zunächst als privat finanziertes Bauprojekt errichtet werden, woran sich allerdings die Stadt Freudenberg nicht beteiligen wollte. Er als Militärstraße konnte sie umgesetzt werden. Später, 1906, bezeichnete sie der Freudenberger Chronist Sterzenbach als „schönste Straße der Stadt“, da an ihr zahlreiche Bürgerhäuser aber auch Industriebauten entstanden waren.

Die Ausstellung zeigt eine Vielzahl historischer Karten und Abbildungen sowie widmet sich den „Landmessern“ mit ihren frühen Gerätschaften. Sie ist bis zum 29. Oktober 2023 zu sehen und bietet ein umfangreiches Rahmenprogramm mit Wanderungen und Lesungen.

Das Museum ist mittwochs, Samstag und sonntags von 14:00 Uhr bis 17:00 Uhr geöffnet. Sonderführungen sind auf Anfrage möglich.

Am Wochenende nach der Ausstellungseröffnungen begann bereits mit zwei Wanderungen das Rahmenprogramm.

Mitglieder des Arbeitskreises Stadtgeschichte, die Ausstellung und Broschüre vorbereiteten, sind in alphabetischer Reihenfolge Bernd Brandemann, Heinz Fischbach, Manfred Flender, Richard Flender, Dr. Christoph Galle, Detlef Köppen, Klaus Siebel-Späth und Gottfried Theis.

Ausstellung Historische Wege und Straßen

4Fachwerk erinnert an 975 Jahre Hileweg  

Das 4Fachwerk-Museum nimmt das Jubiläum der frühen Erwähnung des Hileweges zum Anlass, sich intensiver mit historischen Wegen und Straßen „rund um den Flecken“ zu beschäftigen. Drei geschichtsträchtige Verbindungen stehen dabei im Mittelpunkt: Der besagte Hileweg, die Brüderstraße und, als jüngste der betrachteten historischen Wege, die Koblenz-Mindener Chaussee.

Die Ausstellung „Historische Wege und Straßen“ zeigt eine Vielzahl historischer Karten, widmet sich den „Landmessern“ mit ihren frühen Gerätschaften und vermittelt mit animierter digitaler Straßenkarte visuell eindrucksvoll, welche Routen in verschiedenen Zeitepochen die Wege rund um Freudenberg nahmen. Erkenntnisse aus der Wegeforschung bietet zudem eine vom Museum aufgelegte umfangreiche Broschüre.

Wege verbinden Orte und Menschen, sorgten früh für den Austausch von Wirtschaftsgütern, wurden als Pilgerwege genutzt, an ihnen entstanden Häuser und Siedlungen. Straßen und Wege führten in die Fremde, waren also auch Orte, an denen verängstigte Menschen Orientierung und Zuspruch bedurften, sei es ganz praktisch von Richtungshinweisen (Ortsschilder, Wegweiser, „Handwieser“) bis hin zu religiösen Bildstöcken oder Wegkreuzen. In einer großen Vielfalt zeigt sich also die geschichtliche und kulturelle Bedeutung von Straßen und Wegen für eine Region.

„Unser Ziel ist es auch, ein wenig Klarheit in die Vielfalt von Straßennahmen und Wegeführungen zu schaffen,“ heißt es vom 4Fachwerk-Arbeitskreis Stadtgeschichte. Menschen benannten Wege nach ihrem Gutdünken: Führen solche in Richtung Köln, dann hießen sie Kölner Straße, wurden auf ihnen Salz, Kohle oder Eisen transportiert, so nannte man sie „Salzstraße“, „Kohlenstraße“ oder „Eisenstraße“. Auch der Hileweg wird als Teil der so genannten Eisenstraße diskutiert. Nicht zu vergessen: Der Einfluss der Landesherren verursachte „Verschiebungen“, wenn zum Beispiel Straßen nicht um, sondern durch den Flecken Freudenberg oder die Wildenburg geführt wurden.

Seit mindestens 975 Jahren kommt dem Hileweg also eine Bedeutung für den Freudenberg Raum zu. In einer Urkunde von 1048 taucht diese Wegebezeichnung als Teil der Grenzbeschreibung des Kirchspiels Haiger auf. Dieses entscheidende Dokument stellte Erzbischof Eberhard von Trier (1010-1066, Erzbischof 1047-1066) am 28. April 1048 aus. Jene zweite Urkunde stützt sich auf die Verfügung Konrads I von 914 und präzisiert mit der Grenzbeschreibung ihren Inhalt. Bei Philippi heißt es, der Bischof habe nach der Weihe der dem Kloster Weilburg übertragenen Pfarrkirche zu Haiger den Umfang des Kirchspielsprengels bestätigt. 

Der Hileweg galt als wichtiges Verbindungsstück im fränkisch-karolingischen Straßensystem. Er verlief als überregionale Handels- und Heerverbindung am westlichen Rand des Gebietes der heutigen Stadt Freudenberg. Insgesamt wird als „Hileweg“ jene Straße bezeichnet, die im Süden in der Wetterau nördlich von Frankfurt a.M. begann, weiter durch das Siegerländer Eisenrevier führte und sein Ende in Essen an der Ruhr zum Westfälischen Hellweg fand.

Die Ausstellung wurde initiiert durch den Arbeitskreis Stadtgeschichte des 4Fachwerk-Museums. Ihm gehören aktuell an (in alphabetischer Reihenfolge) Bernd Brandemann, Heinz Fischbach, Manfred Flender, Richard Flender, Dr. Christoph Galle, Detlef Köppen, Dieter Siebel, Klaus Siebel-Späth und Gottfried Theis.

Die Ausstellung im 4Fachwerk-Museum ist vom 9. September 2023 bis zum 29. Oktober 2023 zu sehen. Das Museum ist mittwochs, samstags und sonntags von 14:00 bis 17:00 Uhr geöffnet. Der Eintritt beträgt 3 Euro. Sonderführungen sind auf Nachfrage möglich.

Verbunden ist die Ausstellung mit einem umfangreichen Rahmenprogramm. Dieses finden Sie hier.

HISTORISCHE WEGE ERWANDERN UND HISTORISCHEN REISEBERICHT ERLEBEN

Das Rahmenprogramm zur Ausstellung „Historische Wege und Straßen – 975 Jahre Hileweg“

HISTORISCHE WEGE ERWANDERN

Wanderung I, Sa., 9. September 2023, 14:00 Uhr,
„Vom Flecken hinauf zum Dicken Schlag“ – 6,1 km

Treffpunkt: 4Fachwerk-Museum, Mittelstraße 4-6,
im Alten Flecken (Parkplatz Kurparkstraße empfohlen)

Führung mit Dieter Siebel und Richard Flender

Erzählspaziergang als unterhaltsame Zeitreise nach Hohenhain, über Kurpark und Seelbachsecke in den Seelbachswald, dort entlang der von Büschergrund kommenden Hohlwege der Brüderstraße hinauf zu den Bollwerken des Dicken Schlages (nördlich der Kreisstraße), in Hohenhain Erläuterungen zu den Fuhrmannsherbergen und Pause beim Heimatverein, danach Rückweg durch die Schanzanlagen südlich der Kreisstraße.

Wanderung II, So., 10. September 2023, 14:00 Uhr,
„Von Schlag zu Schlag“ – 6,9 km

Rundwanderung vom Hohenhainer Schlag zum Ohrndorfer Schlag, Treffpunkt Wanderparkplatz „Alte Schanze“ Hohenhain

Führung mit Ortsheimatpfleger Heinz Fischbach und Ortsheimatpfleger Manfred Flender

Dicker Schlag, Gambach, Drei Eichen, Ohrndorfer Schlag, Schlag auf der Römershagener Höhe, Drei-Herren-Stein am Hühnerkamp, über die zeitweise gemeinsame Trasse von Hileweg und Brüderstraße zurück nach Hohenhain, dort Erläuterungen zu den Fuhrmannsherbergen und Erfrischung beim Heimatverein.

Wanderung III, Sa., 7. Oktober 2023, 11:00 Uhr,
„Rund um den Dreiherrenstein bei Oberstöcken“ – 10,9 km

Treffpunkt Alte Schule Plittershagen, An der Hallstadt,

Führung mit Burkhard Leidig

Oberstöcken, Hileweg, Hohlwege Weingrube, Wammesflöte, Engelshäuschen, Locherhof, Plittershagen

Wanderung IV, So., 8. Oktober 2023, 14:00 Uhr
„Hileweg und Eisenstraße“ – 6,2 km

Treffpunkt Alte Schule Mausbach, Mausbacher Straße,

Führung mit Ortsheimatpfleger Herbert Dietershagen

Hileweg, Oberstöcken, Niederstöcken, Alte Eisenstraße, zurück nach Mausbach.

Die Heimatvereine in Hohenhain, Plittershagen und Mausbach bieten vor Ort Rast und Erfrischungen an (Wanderungen II – IV).

Zu den Wanderungen ist die Anmeldung unbedingt
erforderlich unter der E-Mail: anmeldung@4fachwerk.de


HISTORISCHEN REISEBERICHT ERLEBEN

Der junge Freudenberger Johann Christian Stahlschmidt (1740-1826) floh nach einem Streit mit seinem Vater als 19jähriger aus seinem Elternhaus. Der Grund der Auseinandersetzung: Er pflegte Kontakte zu frommen Mitmenschen, die der Amtskirche sehr kritisch gegenüber standen. Aus dem Flecken führte J. C. Stahlschmidt sein Weg zunächst über Köln nach Amsterdam. Hier heuerte er auf einem Segelschiff an und reiste zweimal nach Südostasien. So kam er nach Südafrika, Indonesien, China, Indien und Ceylon. Er überlebte Stürme auf hoher See und sogar eine Meuterei. Später lebte er neun Jahre in Nordamerika, wo er sich zum Prediger ausbilden ließ. Zurück in deutschen Landen gehörte Johann Christian Stahlschmidt zu den Gründungsmitgliedern der Elberfelder Missionsgesellschaft. Sein bewegtes Leben und seine lange Auslandstouren fanden ihren literarischen Niederschlag in dem 1799 erschienenen Reisebericht „Die Pilgerreise zu Wasser und zu Lande“. Ein Buch, das zu einem europäischen Bestseller der Erweckungsbewegung wurde.

Anhand dieses Buches werden Thomas Ijewski und Dieter Siebel an zwei Vortragsabenden über diesen bemerkenswerten Weltreisenden vor mehr als 260 Jahren berichten. Es geht um eine Zeitreise, die im Flecken begann und viel über damalige Wege und Begebenheiten berichtet.

Am Donnerstag, 21. September 2023 und
am Donnerstag, 12. Oktober 2023,
jeweils um 19.30 Uhr im 4 Fachwerk Museum

Vor 975 Jahren: Der Hileweg in Grenzbeschreibung am 28. April 1048 dokumentiert

Ein historisches Datum lenkt in diesem Jahr die Aufmerksamkeit auf die Verkehrsgeschichte der Region. In einer Urkunde vom 28. April 1048 wird speziell der Hileweg genannt. Er ist darin Teil einer Grenzbeschreibung des Kirchspiels Haiger, die der Erzbischof Eberhard von Trier in diesem Schriftstück bestätigt. Dies liegt nun genau 975 Jahre zurück. Die Arbeitsgruppe Stadtgeschichte des 4Fachwerk-Museums in Freudenberg nimmt dieses Jubiläum zum Anlass, für den Herbst 2023 eine Ausstellung vorzubereiten, die sich insgesamt mit historischen Wegen und Straßen in Freudenberg befasst.

Als „Hileweg“ wird jene Straße bezeichnet, die im Süden in der Wetterau nördlich von Frankfurt a.M. begann, weiter durch das Siegerländer Eisenrevier führte und sein Ende in Essen an der Ruhr zum Westfälischen Hellweg fand.
Für die örtliche Historie kommt dem Hileweg als überregionale Handels- und Heerverbindung Bedeutung zu, da er am Rand des Gebietes der heutigen Stadt Freudenberg verlief. Er führte von Engelshäuschen kommend über Oberstöcken (Plittershagen) und Mausbach zur Gerndorfer Höhe und traf bei Hohenhain auf die Brüderstraße. Über weite Teile verlief parallel zum Hileweg die „Siegener Landhecke“, eine der längsten erhaltenen Landwehren zum Schutze des Siegerlandes.

„Wegeforschung ist kompliziert“, bekennen die Geschichts-Aktiven des 4Fachwerk-Museums. Im Laufe der Zeit änderten sich nicht nur die Bezeichnungen, sondern auch die Verläufe in der Örtlichkeit. So wird der Hileweg ebenso als Teil der Eisenstraße diskutiert, oder die Brüderstraße auch als Brabanter Straße bzw. Köln-Frankfurter-Straße behandelt. Um Zölle oder andere Abgaben zu kassieren, wurden bis dahin übliche Strecken beispielsweise über die Wildenburg und die später entstandene Burg im Flecken verlegt. Wie so oft in der Forschung: „Jede neue Erkenntnis wirft weitere Fragen auf.“

Bei der geplanten Ausstellung wird es ebenso um notwendige Infrastrukturen gehen, wie Zollstellen oder Stadttore, Befestigungen, Wegweiser, Wirtshäuser, Vorspannstationen oder auch um die Entstehung der Karten und die Funktion der „Geometer“.

Die in lateinischer Sprache verfasste Urkunde von 1048 ist nachlesbar im Jahr 1887 von Friedrich Philippi herausgegebenen Siegener Urkundenbuch (SUB). Bereits mehr als 100 Jahre zuvor, 1778, beschäftigte sich der kurpfälzische Hofrat Christoph Jakob Kremer mit jenem Schriftstück und veröffentlichte seine Erkenntnisse in der in Mannheim herausgegebenen „Geschichte des Rheinischen Franziens“. Haiger wird als rheinfränkischer Gau beschrieben. König Konrad I. (881-918) hatte 914 die Taufkirche zu Haiger dem von ihm gegründeten Walpurgisstift in Weilburg übertragen. Darüber hinaus ebenso den königlichen Hof zu Haiger sowie „den Markt und den dritten Königsscheffel des Haigergaus“. Insofern war für nachfolgende Generationen schon wichtig zu wissen, welche Ortschaften zum Haigergau gehörten, um die Abgaben genau bestimmen zu können.

Kremer beschreibt, Erzbischof Eberhard von Trier (1010-1066, Erzbischof 1047-1066) habe den Umfang des Kirchsprengels nach der Neueinweihung der Kirche zu Haiger bestätigt. Einher geht damit die Information der kirchlichen Zugehörigkeit von Haiger zur damaligen Erzdiözese Trier, die sich hier in das Archidiakonat Dietkirchen und das Dekanat Haiger weiter untergliederte. Philippi folgert in seiner Betrachtung, die Westgrenze des Haigerschen Kirchspiels falle mit der Ostgrenze des zum kölnischen Archidiaconat Bonn gehörigen Dekanats Siegburg zusammen. Die Nordgrenze von Stöcken bis zur Quelle der Dietzhölze wäre dann zugleich die Südgrenze der späteren Grafschaft Nassau-Siegen.  Weitere Erkenntnisse zu dem hiesigen historisch-räumlichen Umfeld lieferte der Regional-Forscher Hermann Stausberg. Er definiert den in der 1048-Grenzbeschreibung genannten Begriff „Sprengelohc“ als den Standort des „dreiherrigen Steins“ zwischen Engelshäuschen und Oberstöcken. Denn hier stießen die drei Diözesen Köln, Trier und Mainz zusammen, lange bevor es überhaupt weltliche Herrschaftsbereiche gab.
Die Bezeichnung „Bliggeresbahc“, die ebenfalls in dieser Grenzbeschreibung vorkommt, wird als Grundlage für die urkundliche Ersterwähnung von Plittershagen herangezogen.

In der geschichtlichen Betrachtung kommt dem Kreuzungspunkt von Hileweg und Brüderstraße besondere Bedeutung zu, denn hier entstand später der Ort Hohenhain. Viele Fuhrwerke passierten den kleinen Ort und manche legten hier eine Ruhepause ein. In der Hohenhainer Schulchronik ist nachzulesen, des Öfteren hätten an die hundert Fuhrleute in den drei Herbergen logiert. Freudenberg bzw. Hohenhain sei von seiner Bedeutung als Verkehrsknotenpunkt „das Aachen des Mittelalters“ gewesen, führte Prof. Berthold Stötzel zum Denkmaltag 2008 in einem Vortrag aus. Er, 2009 leider verstorben, war seinerzeit Kopf des Siegerländer Ortskuratoriums der Deutschen Stiftung Denkmalschutz und hatte der Erforschung der alten Handelsrouten und Verkehrswege in unserer Region nach dem Jahr 2000 deutlichen Auftrieb gegeben. Er prägte für die vielen Hohlwege den Begriff „Kulturnarben des Siegerlandes“.

Die spätere Ausstellung im 4Fachwerk-Museum soll am 9. September beginnen. Ein umfangreiches Rahmenprogramm mit Wanderungen und Vorträgen ist ebenfalls in Planung.  

„Buch & Web“ – Zeitspuren-Vortrag mit Dieter Pfau

Zu seinem Vortrag benötigt Dieter Pfau nicht nur Laptop und Beamer, sondern auch einen passablen Internet-Anschluss. Denn sein neuer Zeitspuren-Band versteht er nicht als abgeschlossenes Forschungs-Ergebnis, sondern als Einladung an Interessierte, über die angebotenen Links sich mit Internet-Angeboten immer weiter zu informieren, um die Schätze der heimischen Geschichte zu heben.

Und so konnte Pfau bei seinem Vortrag im 4Fachwerk-Museum zahlreiche ergänzende Inhalte digital präsentieren. An dem Abend stellte er die Kreisgründung Siegen mit der Landvermessung, die traditionelle Gewerbelandschaft und die Veränderung der Wirtschafts- und Erwerbsstrukturen in den Mittelpunkt.
 Der Siegener Landrat von Schenk hatte übrigens 1816 den Freudenberger Feldmesser Siebel zu einem Kartenwerk für den neuen Kreis aufgefordert. Jener Geometer Johann Wygand Siebel (1780-1844) bewohnte das Nachbarhaus des heutigen Museums, Mittelstraße 8-10.
Nach der Bildung des Kreises Siegen 1816 lebten in den 22 Orten des Freudenberger Landes 2.448 Einwohner und im Flecken Freudenberg selbst 618 (1818). Bürgermeister war Johann Klappert.

Nach den verschiedenen zeichnerischen Landaufnahmen wurden die Kataster für die einzelnen Gemeinden entwickelt („Kastralstastistik“), um daraus die Basis für die Besteuerung abzuleiten, die „angemessen und fair“ sein sollte. Dafür wurden die einzelnen Grundstücke genau untersucht und nach Landwirtschaft, Viehbestand, Familiengröße oder Erwerbsgrundlage differenziert. „Angaben, die heute für die Sozialgeschichte einen enormen Wert haben,“ so der Historiker und Autor.

1826 galt es den ersten Westfälischen Provinzial-Landtag zu wählen. Dabei seien allerdings fast 80 Prozent der Bevölkerung nicht wahlberechtigt gewesen. Abstimmen durften nur Männer ab dem 25. Lebensjahr, die mindestens jährlich 12 Thaler als Grundsteuer zahlten. Freudenberg bildete mit Berleburg, Hilchenbach, Laasphe und weiteren elf südwestfälischen Städten einen Wahlbezirk als „Kollektivstadt“. Gewählt werden konnten als Abgeordnete auch nur Personen mit ausreichend großem Grundbesitz, die mindestens 25 Thaler Grundsteuer zahlten. In Freudenberg zählten dazu lediglich fünf Männer. Bei einer 1828 abgehaltenen Wahl zum zweiten Provinzial-Landtag war an zweiter Stelle auf der Liste der wählbaren Männer Anton Gattwinkel aus Niederholzklau mit 26 Thalern Grund- und 12 Thalern Gewerbesteuer vertreten.

Auch für Pfau eine erstaunliche Erkenntnis: Zu jener Zeit war der Kreis Siegen waldreicher als der Kreis Wittgenstein. Der Autor ging ausführlich auf die Entwicklung der traditionellen Siegerländer Wirtschaft ein, die damals durch Erze, Wald und Wasser als Rahmen-bedingungen geprägt war.
 Bestimmend für die weitere Entwicklung dürfte der Chaussee-Bau gewesen sein. In der Region entwickelte sich nach Hagen das zweite Projekt eines frühen privaten Straßenbaues. Der Ausbau der Minden-Koblenzer-Straße nach Kirchen-Sieg sei durch einen Aktienverein von interessierten Gewerbetreibenden, so auch der Gebrüder Jung (Kirchen), realisiert worden. Nach den Recherchen von Dieter Pfau habe Freudenberg damals eine Beteiligung abgelehnt. „Richtiger Schub kam in das Straßenbauprojekt erst, als die Trasse auch als ‚Militärstraße‘ klassifiziert wurde.“

Dieter Pfau erläuterte eingehend, wie die Krise des traditionellen Montangewerbes vielfältige Anpassungsprozesse in Gang setzen. „Es entstand ein neues Unternehmertum, das sich mit den veränderten Wirtschaftsgegebenheiten auseinander setzte.“ Und auch globale Verflechtungen seien zu verzeichnen gewesen, denn die mit dem Rohstoff Lohe gegerbten Häute wurden aus Südamerika eingeführt.

Der Wandel, so Pfau im abschließenden Teil, habe die weitere politische Entwicklung beeinflusst. Es sei ein deutlicher Wandel in der bürgerlichen Öffentlichkeit festzustellen. Politische Themen hätten ihren Niederschlag in den „Vor-März-Zeiten“ in heftigen Leserbrief-Kontroversen gefunden. Im Königreich Preußen galt noch die Zensur und als offizieller Zensor vor Ort war der Landrat bestellt, dem morgens ein Andruck der Zeitung zur Genehmigung vorzulegen war.

Die Verbindung aus „Buch und Web“ führte zu einem anredenden Vortragsabend. Für die 4Fachwerker erfreulich, dass so viele Gäste, für die anfangs immer mehr Stühle aufgestellt werden mussten, Interesse an der spannenden Geschichtsstunde fanden.  Das Buch „Zeitspuren, Teilband 1, Siegerland und Wittgenstein im preußischen 19. Jahrhundert, ist jetzt im örtlichen Buchhandel zu erwerben.

Ein neue Blick auf Geschichte des 19. Jahrhunderts

Präsentiert von Dieter Pfau am 20. April 2023 um 18.00 Uhr

Es sind Standart-Werke für die Geschichte von Siegen Wittgenstein: Die Zeitspuren-Bände. Jetzt gibt es aktuell das zweite Werk, das sich mit dem preußischen 19. Jahrhundert in unserer Region beschäftigt. Das Historiker-Team Dieter Pfau und Elisabeth Strautz haben dafür 2018 ihre Forschungstätigkeit aufgenommen.

Dieter Pfau wird das Werk am Donnerstag, 20. April 2023, 18:00 Uhr, im 4Fachwerk-Museum (Mittelstraße 4-6) vorstellen. Der inhaltliche Schwerpunkt des Vortrags liegt auf dem Freudenberger Raum.

Die Ausführungen führen zurück in die erste Hälfte des 19. Jahrhunderts. Viele der bis heute reichenden wirtschaftlichen, sozialen, politischen und kulturellen Entwicklungen nehmen in dieser Zeit ihren Anfang. Mit Gründung der Kreise Siegen und Wittgenstein 1816 und 1817 beginnt der moderne Verwaltungsaufbau. Vorher unbefestigte Wege werden zu Chausseen ausgebaut, aus denen sich allmählich unser heutiges Straßennetz entwickelt. Die trigonometrische Vermessungsmethode ermöglicht erstmals exakte Kartenaufnahmen, Katasterämter und Steuerbehörden entstehen. Die traditionelle Wirtschaftsweise verliert durch technische Innovationen und den globalen Handel an Bedeutung. Mit Einführung der Gewerbefreiheit und Durchsetzung der kapitalistischen Wirtschaftsweise entsteht das neue Unternehmertum. Die Einführung der revidierten Städteordnung ermöglicht neue, noch an Besitzrechte gebundene Mitspracherechte und erste, in Ansätzen schon demokratische Wahlen. Vor dem Hintergrund einer noch zensierten Presse entsteht in der Stadt Siegen eine politische Öffentlichkeit, die auch in kleine Städte wie Freudenberg ausstrahlt.

Bei seiner Interpretation der „Zeitspuren in Siegerland und Wittgenstein“ führt Dieter Pfau die ersten Jahrzehnte des 19. Jahrhunderts mit Hilfe zahlreicher, einzigartiger Karten und Abbildungen auch diesmal wieder sehr anschaulich vor Augen. Das neue Zeitspuren-Buch zeichnet sich wieder durch eine aufwendige Gestaltung und reichhaltige Illustrierung aus und ist zugleich mit einer begleitenden Internet-Präsentation verbunden. Durch Link-Tipps können abgedruckte Karten und Illustrationen zusätzlich am Bildschirm in hoher Auflösung betrachtet werden.
Der Eintrittspreis für die Vortragsveranstaltung beträgt 4 Euro.